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Ambo für St. Ansgarii,
Bremen, 2001


ambo 1

ambo 2

ambo 3
Gedanken und Werkbericht zum Ambo für St. Ansgarii

Die Klärung der Aufgabe:
Die erste Frage ist: Was ist ein Ambo?
Die erste Antwort: ein Lesepult.

Ein Lesepult, das ist etwas, das ein Buch trägt, es ist etwas, hinter dem ein Lesender steht, ihn rahmt, mindestens ihn mit ins Bild faßt.
Beim Lesepult kennen wir alle diejenigen Geräte, hinter denen sich Redner verstecken, in denen sie lehnen, auf die sie sich stützen, über die sie sich beugen, die sie umtanzen, denen sie sich zur Seite stellen. Es wird deutlich: Es handelt sich bei der Aufgabe nicht nur um ein Lesepult, sondern um einen Träger eines Buches, und zwar im Gottesdienst, nicht in Hörsaal, nicht für den freien Vortrag. Es handelt sich nicht um ein Verhältnis von Vortragendem und Publikum, es ist die Gemeinde, der ein Vorleser vorliest im gemeinsamen Gottesdienst. Damit ist die obige, erste Antwort korrigiert: Es handelt sich nicht um ein Lesepult, sondern um ein Prinzipal, um einen wesentlichen Gegenstand für den Gottesdienst. Die Figur des Redners wäre irreführend. Damit entfallen viele jener Vorstellungen wie ein Lesepult gewöhnlich  aussieht.
Eine andere Frage drängt sich auf: Wie soll die Geste aussehen, die den Ambo charakterisiert, die seinen Dienst sichtbar macht? Doppelt ist diese Geste bestimmt: Einmal vom Tragen des Buches, einmal das Verhältnis zur lesenden Person, und natürlich bestimmt der Ort mit: St. Ansgarii, im Altarraum, erhöht, vor Altar und Wand.
Erste Entwürfe haben sich nur mit dem Thema des Tragens beschäftigt, ohne Rücksicht auf Redner. Das ergab schon eine wichtige Geste: Das aufgeschlagene Buch soll nicht auf einer ebenen, nicht auf einer geraden Fläche liegen, die Fläche selbst soll den Gestus des Aufschlagens unterstützen. Deshalb ist die Buchauflage kein grades Brett sondern eine leicht geschwungene Ebene, deren Rückseite anders ausgebildet ist als die Oberseite, auf der das Buch liegt, denn: Die eine Seite wendet sich dem Lesenden zu, die andere der Gemeinde.
Solche Klärung der Aufgabe dauert, sie hat nicht die Logik, die Evidenz wie das fertige Stück (wenn es gelungen ist). Das sind immer wieder Umwege und Versuche. Versuche im Kopf, Versuche mit Bildern, mit Begriffen und auch Versuche im Modell. Dabei helfen auch die verworfenen Entwürfe, sie sind Teil der Klärung.
 
Zur Herstellung
Der Ambo sollte gegossen werden, in Bronze. Dafür braucht man ein Modell im Maßstab 1:1, in einem Material, das nicht das Material des Endprodukts ist. Farbe, Oberfläche, Taktilität des Modells sind nicht dem fertigen Stück gleich. Aber die plastische Qualität des Modells bildet sich im Guß 1:1 ab.
Nun sollte der Ambo kein industrielles Stück sein, keines aus Halbzeugen, aus Holzbrettern etwa oder aus Metallprofilen geschweißt, ein plastischer Gegenstand war angestrebt. Also waren auch die Teile des Modells  plastisch auszuformen..
Das Modell entstand aus Naturmaterial aus dem Garten: Bambusstäbe habe ich zu Bündeln zusammengefaßt für die Beine, einmal drei, dann fünf, dann sieben. Die Entscheidung fiel für einen Kern aus sieben Ruten, die anderen Bündel waren zu dünn, zu leicht. Die Bündel habe ich dann überarbeitet mit Gips und Spachtelmasse, es sollte nicht Natur abgegossen werden, sondern die natürliche Ausgangsform sollte plastisch ausgearbeitet werden. Dazu ist es vor allem nötig, alle einfallenden, nach innen weisenden Krümmungen zu vermeiden, die sich ergeben, wenn man runde Stäbe zu einem Bündel zusammenbringt. Aus dem nach innen sich krümmenden Flächen sind ebene geworden, Rundungen wurden Kanten, natürliche Verläufe sind überarbeitet zu plastischen. Die Fläche ist ähnlich hergestellt: Aus gebogenen Weidenzweigen, ausgefüllt mit einem Drahtgeflecht, mit Gips überzogen und immer wieder geschliffen und überarbeitet, um die Plastizität zu erhalten.
Dies Modell habe ich in Bremen vorgestellt, nach der Diskussion wurden die Maße geändert: Die Beine sind auseinandergerückt, die Ablagefläche ist vergrößert worden, die Höhe wurde neu festgelegt. Das heißt: Ein neues Modell wurde gebaut. Es stand mehrere Monate in meinem Arbeitszimmer, immer wieder habe ich mit Details überarbeitet, geschliffen, gefeilt, ausgebessert. Dann wurde das Zusammengefügte zerlegt und in die Gießerei gebracht. Dort wird ein Eisenkasten aus zwei Hälften mit feuchtem Gußsand gefüllt, die Modellteile werden in den Sand gedrückt, der wird festgestampft und das Modell herausgenommen. Es bleibt als Negativform zurück. In den Sand werden Gußkanäle eingearbeitet und Lüftungskanäle, weil die heiße Bronze fließen muß. Die Kästen werden dann zusammengeschraubt und aufgestellt, Bronze wird im Ofen geschmolzen, in einen Tiegel umgefüllt und dann in die Form gegossen.
Nach dem Erkalten wird die Form geöffnet und die Rohlinge können aus dem Sand genommen werden. Sie sind grün-grau, rauh, an ihnen ist Sand festgebacken. Sie werden gereinigt mit Stahlbürste, Feile, Sandstrahlgebläse, Schleifpapier. Die stumpfe, grau-grüne Farbe geht ab, die Bronze erscheint, glänzend und nahezu einheitlich. Die behandelten Teile werden zum ersten Mal patiniert, damit die Oberfläche nicht bloß glänzt wie eine neue Münze, sondern damit auch helle und dunkle Stellen sichtbar werden. Beim Patinieren treten Kanten hervor, Linien werden sichtbar, die Bronze erhält eine gewisse Tiefe, es ist nicht mehr nur Oberfläche.
Jetzt können die Teile vormontiert und geschweißt werden, eine nicht einfache Angelegenheit, denn Schweißen heißt, an einer Stelle große Hitze anbringen. Das führt dazu, daß sich das Metall dehnt, verzieht, umformt. Das muß immer wieder ausgerichtet werden mit dem Hammer und mit Gegenhitze, bis die Geometrie richtig ist, bis also das Pult steht.
Dann kommt die Schlußarbeit, das endgültige Patinieren, um die richtige Farbigkeit und den Glanz herauszuarbeiten, geglättet und punziert muß noch werden an den Schweißstellen.
Dann stand das Pult nochmals ein paar Monate in meinem Arbeitszimmer, immer wieder habe ich einzelne Stellen auspoliert und versucht, den Glanz auf Kanten und Flächen zu überarbeiten, ein schönes Verhältnis zu finden zwischen hell und dunkel, zwischen glänzend und matt, zwischen glatt und rauh.
Chup Friemert